Review: Oceans of Slumber

Review: Oceans of Slumber

Die aus Texas stammende Progressive Metal Band Oceans of Slumber existiert seit 2011 und konnte bereits mit ihrem Debütalbum Aetherial mit ihrem ungewöhnlichen Stilmix aus Progressive Rock, Doom und Groove Metal sowie Psychedelic Rock das Majorlabel Century Media auf sich aufmerksam machen. Doch auch Einflüsse von Jazz und Country kann man bei Oceans of Slumber entdecken, eine Vielfalt, die auch auf dem neuen Album zu hören ist. Richtig erfolgreich wurden die Texaner, als sich ihnen die versierte Sängerin Cammie Gilbert anschloss, deren ausdrucksstarke Stimme eine absolute Ausnahme im Bereich Rock und Metal ist. Kein Wunder also, dass sie Mastermind Arjen Lucassen der niederländischen Progressive Metal Supergroup Ayreon für deren neues Album (Release am 25. September 2020) angeworben hat. Von diesem Boost an Beliebtheit profitieren auch die Bandkollegen von Oceans of Slumber, so war ihr Neuling, welcher am 4. September bei Century Media veröffentlicht wurde, von Musikpresse wie Fans heiß erwartet worden. Skull News stellt euch hier die selbstbetitelte Scheibe von Oceans of Slumber vor!

Oceans of Slumber (2020, Century Media)

Tracklist: Oceans of Slumber Oceans of Slumber (4. September 2020, Century Media)

01 – The Soundtrack To My Last Day

02 – Pray For Fire

03 – A Return To The Earth Below

04 – Imperfect Divinity

05 – The Adorned Fathomless Creation

06 – To The Sea (A Tolling Of The Bells)

07 – The Colors of Grace

08 – I Mourn These Yellow Leaves

09 – September (Momentaria)

10 – Total Failure Apparatus

11 – The Red Flower

12 – Wolf Moon

Das Album beginnt mit dem düsteren „The Soundtrack To My Last Day”, welches schwermütig und gedankenversunken wirkt. Zu überwiegend akustischem Gitarrenspiel kommt Cammie Gilberts brillante Stimme gut zur Geltung. Zur Mitte des über sieben Minuten langen Epos setzen dann doch noch ein schnarrender Bass, E-Gitarren und Schlagzeug und die harten Vocals von Alexander Lucian ein. Ein bisschen zerrissen wirkt der Song streckenweise, doch gegen Ende findet er zu der melancholischen Ausgangsmelodie zurück. „Pray For Fire“ folgt mit einem folkig angehauchten Intro und zeigt so erneut eine der vielen Facetten von Oceans of Slumber.

Oceans of Slumber, Lyric Video zu „Pray for Fire“

Wieder muss hervorgehoben werden wie außergewöhnlich Cammie Gilbert’s Gesang im großen Spektrum des Metal ist: Mal klingt sie warm und soulig, was wirklich etwas Neues ist, doch Cammie beherrscht auch zarte Ausdrucksmöglichkeiten in Liedern, in denen sie eine Geschichte erzählen will. Sie kann aber genauso kraftvoll loslegen und unglaubliche Tragik in ihre Stimme legen. In „Pray For Fire“ kommen einige dieser Nuancen toll zur Geltung! Uns gefällt auch der Halleffekt auf der Stimme und die bassbetonten Saiteninstrumente, wodurch das Lied eine gespenstische Tiefe bekommt – übrigens ist dies die Grundstimmung des Albums, sehr passend zum düsteren, mystischen Artwork. Nicht so gut finden wir den abrupten Wechsel irgendwann im letzten Drittel, als die Rhythmusfraktion der Band auf einmal relativ unmotiviert Tempo und Rhythmus variiert. „A Return To The Earth Below” setzt dieses Konzept von langgezogenen Gesangsmelodien und schwebenden Keyboard-Hintergrund gegen akzentuierte Drums von Dobber Beverly und Bass (Semir Özerkan) fort.

Oceans of Slumber, Musikvideo zu „A Return To The Earth Below

Man merkt klar, dass Oceans of Slumber sich von vielen verschiedenen Musikstilen inspirieren lassen, so hört man Anklänge an Psychedelic Rock bei den Synthesizern, djentige Bassphrasierungen, gesanglich reicht die Bandbreite von Soul, über Jazz, Symphonic Metal bei Cammie und (Death) Metal bei den Growls von Alexander Lucian und Semir Özerkan. Skull News findet es stark, wie diese noch recht junge Band ihren eigenen Weg geht und Genregrenzen ausweitet. So tragen Oceans of Slumber zur Vielfalt von Rock und Metal bei. Dennoch liegt hier immer die Gefahr, sich in Details zu verlieren. Einige Lieder des neuen Albums sind auch in der Tat etwas wenig zielgerichtet. Zu viel will auf einmal ausprobiert werden. Dennoch, die mystische Stimmung, die im ansprechenden Artwork ausgedrückt wird, ist in jedem der zwölf Songs zu hören und bildet das verbindende Element, wie zum Beispiel im instrumentalen Stück „Imperfect Divinity“, herrlich spooky! Leider tut der abrupte Übergang zu „The Adorned Fathomless Creation“ etwas weh, plötzlich reißt einen böses Growlen und pulsierender Double Bass aus den verträumten Gedanken, die vorher von der Band sorgfältig angeregt wurden. Auch als Cammie Gilbert beitritt, gibt es wieder einen unerwarteten, aber nicht unbedingt gekonnten Stilwechsel im Lied selbst. Mittendrin brilliert Jessie Santor mit einem hervorragenden eher klassischen Heavy Metal Gitarrensolo, wonach erneut die Band unvorbereitet in einen eher djentig inspirierten Teil übergeht. Wir schauen kurz auf den Player, weil wir denken, es hätte ein anderer Song begonnen.

Oceans of Slumber, Musikvideo zu „The Adorned Fathomless Creation“

„To The Sea“ hat sich gleich beim ersten Anhören als besonderes Lied eingeprägt, mit seinem melancholischen, virtuosen Gitarrenintro, der Pianomelodien im Hintergrund, der drohend düsteren Stimmung, elektrisch aufgeladen, mit jazzig variantenreichem Schlagzeug und spannend. Außerdem hat „To The Sea“ einen einprägsamen Refrain und ist eines der aufgeräumteren Lieder, kein Wunder, dass es als Single ausgekoppelt wurde.

Oceans of Slumber, Musikvideo zu „To the Sea“

In „The Colors of Grace“ ergeben männliche Clearvocals zusammen mit Cammie’s Stimme ein schönes, getragenes Duett, ein ruhiger Song, aber ein Highlight auf dem Album.

Oceans of Slumber, Musikvideo zu „The Colors of Grace“

Danach kommt „I Mourn These Yellow Leaves“, welches der längste Track auf dem Album ist, aber anders als die anderen Siebenminuter zuvor viel mehr einen roten Faden aufweisen kann. Hier fügt sich der männliche Growl viel besser in die allgemeine progressiv aggressive Stimmung des Songs ein. Dies liegt unter anderem daran, dass Oceans of Slumber Cammie Gilbert eine hymnische, klar wieder erkennbare Leadmelodie gegeben haben, auf die sie immer wieder zurückkommen. Auf diese Weise kann man als Zuhörer*in sich viel besser auf die vielen musikalischen Experimente in „I Mourn These Yellow Leaves“ einlassen und die Band kann zeigen, was sie besonders macht, nämlich ungewöhnliche Genres miteinander zu verbinden. In „September (Momentaria)“, welches wieder instrumental ist und eine wunderschöne orchestrale Klangwelt erschafft, sieht man, in welche Richtung der Songwriter der Band, Dobber Beverly, eigentlich hin will. Mehr Komplexität, keine musikalischen Grenzen, volle Kreativität ausleben. Oceans of Slumber sind definitiv auf dem richtigen Weg, müssen aber unbedingt ihre Lieder fokussierter schreiben und aufpassen, dass Progressivität nicht zum Selbstzweck wird. So bleibt vom darauffolgenden Song „Total Failure Apparatus“ kein bemerkenswerter Moment hängen, was an bereits bemängelter Diskontinuität (in diesem Lied auf die Spitze getrieben!) liegt, aber auch daran, dass wir ein bisschen hofften, dass man Cammie auch mal einen härteren Gesangspart geben würde. So variantenreich sie singen kann, lässt man sie doch hauptsächlich getragene Melodien umsetzen. Was würde Oceans of Slumber dazu gewinnen, wenn Cammie auch mal schnellere, aggressivere Passagen bekäme! Die Tempowechsel tragen immer nur die männlichen Stimmen und die Instrumente, was sehr schade ist. Und so ist das Album gleichzeitig sehr zerrissen, unkonzentriert und doch eintönig, weil die wichtigste Stimme stets auf die gleiche Weise eingesetzt wird. Trotzdem liefern Oceans of Slumber eine solide Scheibe ab, die uns einen Vorgeschmack dafür gibt, wohin die Band sich noch entwickeln kann, wenn man ihnen weiterhin Raum für die Erkundung ihres Stils gibt. Denn klar sind alle beteiligten Musiker*innen hervorstechend versiert, denn solch eine Genrevielfalt muss man auch erst einmal spielen können. Auch kann man ihnen auf keinen Fall einen Mangel an Kreativität nachsagen! Zusammenfassend sagen wir, guter Grundstein, macht Lust, Oceans of Slumber immer mal wieder anzuhören, um zu sehen, welche musikalischen Wege sie einschlagen. Skull News bleibt auf jeden Fall dran.

Oceans of Slumber

Oceans of Slumber sind:

Dobber Beverly: Schlagzeug, Piano

Cammie Gilbert: Gesang

Mat V. Aleman: Keyboard

Semir Özerkan: Bass, Gesang

Jessie Santos: Gitarre

Alexander Lucian: Gitarre, Gesang

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