Alarmstufe Rot – die Premiere in Mainz
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Ungefähr 50 Zuschauer*innen haben sich um die Mittagszeit des 5.12.2020 auf dem Ernst-Ludwig-Platz in der Mainzer Innenstadt versammelt, wacker bei chilligen Temperaturen um den Gefrierpunkt ausharrend und es dann stoisch ertragend, als die Temperaturen im Laufe der Veranstaltung noch einmal nach unten sackten. Okay, es ist Dezember, da darf es auch mal kalt werden. Wenigstens blieb es trocken.
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5.12. – Fünf vor zwölf? Der Beginn lag jedenfalls auf fünf nach.
Alarmstufe Rot – die Bewegung zieht immer weitere Kreise und findet in immer mehr Städten seine Anhänger. Diese Mainzer Veranstaltung war die erste in Rheinland-Pfalz, innerhalb von 48 Stunden organisiert und aus dem Boden gestampft. Von einer der ersten Frankfurter Demos hatte Skull News bereits hier berichtet.
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Während der gut zweieinhalb Stunden gaben sich Betroffene aus der Kultur- und Veranstaltungsbranche sowie Vertreter*innen der Politik und Gewerkschaft das Mikrofon in die Hand und zogen Bilanz.
Eingerahmt wurde die Veranstaltung vorm offiziellen Beginn und nach dem offiziellen Ende der Podiumsgespräche von Jay Schreiber, dem gebürtig aus Frankfurt stammenden Sänger/Gitarristen mit Wirkungskreis hauptsächlich in Rhein-Main.
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Diese erste Landesdemo für Rheinland-Pfalz befand sich in getreuen Händen des Veranstaltungsplaners Dirk Nossbach, der auch bei anderen Demos auf Bundesebene mitwirkte und dem die Versammlungsleitung oblag. Nach der Verlesung der Hygieneverordnung – Abstand, Masken, Verlassen der Versammlung bei Erkältungssymptomen oder bekannter Erkrankung – für entsprechende Hygiene wurde auch mit der Installation einiger Handdesinfektionsmittelspendern gesorgt – übergab er den Staffelstab an den Moderatoren Markus Frieauff, als Grafik- und Webdesigner ein Kreativer, der als ersten Gesprächspartner den Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling auf der Bühne begrüßte. Dieser hob die Bedeutung der Kultur und deren Wichtigkeit hervor – Leben besteht nicht nur aus Essen und Trinken -, und daß die Rahmenbedingungen für die Kultur und die Kulturschaffenden derzeit denkbar furchtbar seien. Hoffnung wird auch in den mitunter hier in Mainz von der Firma BioNTech entwickelten Impfstoff gesetzt. Er lobte die Initiative Alarmstufe Rot, weil sie den Finger in die Wunde lege und dies auch weiterhin tue, und forderte, die Überbrückungshilfen, wie natürlich auch die derzeit vieldiskutierte Novemberhilfe, nicht irgendwann, sondern zeitnah zur Verfügung zu stellen.
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Als erste direkt Betroffene erklommen Tobias Mann und Sven Hieronymus die Bühne zum Gespräch mit Markus Frieauff. Als Stand-Up-Kabarettist (Mann) bzw. Comedian/Musiker/Moderator (Hieronymus) sind sie Rampensäue, die den direkten Kontakt mit ihrem Publikum benötigen. Sie erzählten von ihren letzten Auftritten vor Publikum, vom Glück, daß es für sie die letzten Jahre recht gut lief, von ihrer Besorgnis beim Blick in die Branche und vor der Angst vor der Verarmung der Gesellschaft, wenn die Kultur verschwindet. Sven Hieronymus berichtete von Einnahmeverlusten von 70% und daß seine Tätigkeit beim Radio ihn monetär unterstützt. Tobias Mann frotzelte, nicht genügend Diesel und Kerosin zu verbrennen. Sie beklagten die Diskrepanz zwischen den strengen Einschnitten bei der Kultur (mit strengen Hygienekonzepten) und dem fast ungehemmten Schalten und Walten der Covidioten, von denen sich wieder 20.000 in Berlin versammelt hatten, ohne sich um Masken, Abstand und gesunden Menschenverstand zu scheren. Eine Besserung der Lage und halbwegs wieder Struktur in der Branche wird erst gesehen, wenn wir bei flächendeckenden Impfungen und einer Herdenimmunität angekommen sind, was für Sommer/Herbst 2021 zu erwarten sein dürfte.
Lothar Pohl, einst Musiker bei den Crackers und inzwischen Geschäftsführer einer Veranstaltungsagentur, seit über 30 Jahren im Geschäft und gelernter Banker, erhält als Unternehmer keine Hilfen. Aus seiner Sicht ist es von Nachteil, daß sich die mehr als 1,2 Millionen Beschäftigten der Veranstaltungsbranche in kleinen und kleinsten Einheiten über Deutschland verteilen – geballt als eine Firma auftretend wäre der Druck auf die Regierung wesentlich größer. Er bot interessante Einblicke, wie für ein Geschäftsjahr geplant wird. 50% des Umsatzes werden mit Konzerten generiert, der Rest entfällt auf Kongresse, Parteitage, und andere B2B-Veranstaltungen. Auch in seinem Unternehmen befindet sich die Mehrzahl der Mitarbeiter in Kurzarbeit und die Ressourcen sind nicht unendlich, zumal vor kommendem Juni kaum geplant werden kann.
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Yvonne Wuttke, Betreiberin der Kulturei in Mainz, Mitorganisatorin des Open Ohr-Festivals, ist seit 23 Jahren in der Branche tätig und ließ das sehr improvisierte Jahr Revue passieren. Sie konnten auf der Zitadelle mit Gastronomie und Weinverkauf sowie in kleinem Rahmen durchgeführten Lesungen und Ausstellungen beim Umsatz generieren. Jedoch reicht das Volumen auch bei ihr nicht, die geringfügig Beschäftigten, zumeist Studierende, halten zu können. Rücklagen für den „Winterspeck“ konnten nicht erwirtschaftet werden. Yvonne Wuttke verabschiedete sich mit dem Astrid-Lindgren-Zitat, das Pippi Langstrumpf in den Mund gelegt worden ist – „Seid frech und wild und wunderbar“.
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Eine Größe der Mainzer Konzert- und Kneipenkultur, Michael Vogt, plauderte aus dem Nähkästchen. Er betreibt die Kneipe Good Time und den Rockkeller Alexander The Great, bekommt Miete und Krankenversicherung bezahlt und hat auch ein wenig Geld zum Leben. An seiner Pipeline hängen 18 Mitarbeiter*innen und der Rattenschwanz von Caterern, Reinigungskräften und anderen. Nach einer Zeit der Entspannung, wo er nach langen Jahren endlich wieder ohne Handy ins Bett gehen und ein Buch lesen konnte, stellte sich auch bei ihm die Frage, wie es weiter geht. Rührenderweise haben Gäste einen Fonds gegründet und zahlen seit fünf Monaten ein – damit sind die Fixkosten und der Lohnausgleich abgedeckt. Beide Läden verschlingen 15.000€ an monatlichen Fixkosten; in den ersten 4 Monaten waren demnach 60.000€ weg. Die staatlichen Hilfen sind ein Tropfen auf den heißen Stein; auch er beklagt die Planungsunsicherheit und befürchtet, daß die Nothilfe im Januar zu spät für viele kommen dürfte.
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Der Mainzer Gastronom Wolfgang „Wolfi“ Klein (Zum Löwen Gonsenheim), trug ein selbstgeschriebenes Gedicht vor:
Man wird ja noch Träumen dürfen
Wir sind in der glücklichen Lage zu verkünden,
ohne es genauer zu wissen und zu begründen,
ab morgen werden alle Wohnungen geschlossen,
so werden die Infektionsherde zurückgestoßen.
Die Menschen ziehen in Kneipen und Kinos,
in Flughäfen, Turnhallen, Diskos und Casinos.
Hier ist Abstand und Luftaustausch garantiert
im Löwen wurden schon die ersten Plätze reserviert.
Laut dem stets positiven Gesundheitsminister:
„Ziehen wir alle uns menschenmöglichen Register,
wir öffnen die Clubs und bauen neue Konzerthallen
das wird diesem Scheiß Virus, gar nicht gefallen!“
Doch die Realität heute am Morgen sagt:
Die Kultur hat einen Wert für die Gesellschaft,
den zu erkennen, ist keine große Wissenschaft.
Man kann den Wert nicht in Umsatzzahlen messen
leider auch nicht davon satt werden und essen.
Deshalb hat die Kultur leider keine große Lobby
und erscheint vielen Ministern eher als Hobby.
Die zeigen sich nur, wenn’s Sekt & Häppchen gibt
steh’n dann oft im Mittelpunkt ganz selbstverliebt.
So gehen langsam auf vielen Bühnen die Lichter aus,
denn viele leben vom Eintritt und vom Applaus.
Die Welt ist krank, hängt am Tropf: Sie ist ein Wrack
“Mein lieber Spahn“, der Maskenballminister geht mir auf’n Sack.
Künstler werden zu Bettlern degradiert
manche Karriere wird gnadenlos ausradiert.
Deutschland wird nicht nur auf den Bühnen Farbe & Licht verlieren,
es wird sich auch noch weltweit richtig blamieren.
Kulturell darf das Licht hier niemals ganz ausgehen,
sonst fehlt es am Ende des Tunnels … Hat jemand Ideen?
Systemrelevanz
Kein Künstler kann so laut singen, dass man ihn überall hört
wo ist das Licht? Der Tonmischer, der die Nachbarn stört?
Man braucht in Zukunft keine Materialschlachten mehr
es geht sicher auch billiger, Hauptsache es bleibt fair.
Ich hab jahrelang die Technik selber gemacht
die Künstler haben mich irgendwann ausgelacht.
Dann hab ich den Spanier geholt und alle waren froh
so wurde immer besser die Quartier/Caveau – Bühnenshow.
Also, ich habe die Techniker immer gebraucht,
denn dann sind auch gut aufgelegte Künstler, aufgetaucht,
so wurde es oft ein geiler Frühschoppen oder Abendkonzert
ohne dass ein unzufriedener Gast oder Nachbar sich beschwert.
Leute, zusammen seid ihr stark, bündelt eure Kraft
dann kann es sein, dass ihr es trotz Virus schafft,
also, packt die Trillerpfeifen für die Musiker ein
bunte Kleidung & das „letzte Hemd“, das muss jetzt sein.
In der Kulturbranche arbeiten 1,2 Mill. Menschen
die mit harter Arbeit 100 Milliarden erkämpfen!
Hier stehen viele Existenzen auf dem Spiel.
Seid laut! Die Rettung der Branche ist das Ziel.
Denn das Brot des Künstlers ist Erfolg und Applaus
doch davon kann man nicht leben in Saus und Braus.
Nicht zu verhungern, sein Leben selbst zu bestimmen:
Das ist das Ziel! Dabei können alle nur gewinnen!
Ich habe fertig!
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Timo Holstein, Chef der EigenArt Event-Agentur in Kirchheimbolanden betreut zwei über die Landesgrenzen hinaus bekannte Bands. Ihm sind dieses Jahr 65 Open-Airs im die Ohren geflogen. Pro Act hängen 15 Mann an Crew dran. Auch für ihn ist der „föderale Flickenteppich“ extrem unbefriedigend. Shows lassen sich nun mal nicht mit Zoom durchführen.
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Christian Ruppel von Medienpark-Vision Worms beschäftigt 9 feste und 31 freie Mitarbeiter*innen und verfügt mit Aktivitäten bei Tourneen, Festivals und auf kommunaler Ebene über ein breites Spektrum. Die Branche „fährt auf Sicht“ und viele Bühnenarbeiter/Rigger verdingen sich inzwischen in der Industrie – man muß sehen, wo man bleibt. Er betreibt sein Unternehmen seit inzwischen 28 Jahren und hatte bislang keine Unterstützung gebraucht. Die Fördermaßnahmen habe er alle erhalten.
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Johannes Götten, auch als „De Schnippes“ bekannt, vertrat die Soloselbständigen. Er ist Tontechniker. Seit Februar ohne Jobs, ist er von Zuwendungen durch die Familie und dem Angreifen von Erspartem abhängig. Die sehr teure private Krankenkasse, in der man als Soloselbständiger Mitglied ist, wird nicht von den Hilfen abgedeckt – natürlich kann man auch sein Gewerbe abmelden und in die gesetzliche Kasse gehen, nur gibt es dann keine Hilfen mehr. Auch er fühlt sich vom Papierkram überfordert. Nicht zu vernachlässigen sind die psychischen Probleme, die ähnlich wie bei Langzeitarbeitslosen auftreten können.
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Die Trommelgruppe der Musikabteilung von ver.di sorgte für Auflockerung nach dem ersten Block der Redebeiträge.
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Den Auftakt zum zweiten Teil der Kundgebung bot Tabea Rößner (Bündnis 90/Die Grünen) als erste Gesprächsteilnehmerin der politischen Riege. Auch sie übte Kritik am extrem schleppenden Bearbeitungsablauf der Novemberhilfe – wir hatten mehr als genug Zeit in diesem Jahr, entsprechende Prozedere zu optimieren. Kunst und Kultur sei der Kitt der Gesellschaft, das Lebenselixier unserer Demokratie. Die Art zu arbeiten werde von den Politikern nicht verstanden. Fürs produzierende Gewerbe sind ausreichend Mechanismen bekannt. Angeregt wird der Gedanke an eine Bürgerversicherung und generell an eine bessere Absicherung der Branche.
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Joe Weingarten (SPD) äußerte sich eher pragmatisch und hält den Bezug von Hartz IV für zumutbar, ebenfalls kann er die monierte Umfänglichkeit der Antragsunterlagen nicht nachvollziehen. Die Vermögensprüfung könne herausgezögert werden. Die Pandemie zeige sehr gut auf, welche Rückständigkeit bei uns in vielen Bereichen herrsche. Ebenso zeigen sich die Schwächen des Föderalismus auf – jedes Bundesland kocht sein eigenes Süppchen. Er geht davon aus, daß es zum 1. Quartal des kommenden Jahres wieder stärkere Restriktionen geben wird, da die aktuellen Maßnahmen nicht ausreichen. Deutschland ist das drittgrößte Messeland der Welt, was wieder die Bedeutung der Veranstaltungstechnik und der ganzen Industrie hervorhebt.
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Stefan Bastiné (CDU) sieht einiges anders als Joe Weingarten. Niemand geht gerne und freiwillig auf Hartz IV. Er plädiert für eine zielgerichtete Einschränkung und hält die Lockerungen der Maßnahmen rund um Weihnachten für falsch. Mitwirkende der Veranstaltungsbranche müssen mehr gewürdigt werden. Er appelliert, sobald es wieder möglich ist, Veranstaltungen auch zu besuchen.
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Hendrik Barka Laufer (Die Linke) erwähnte, daß in Rheinland-Pfalz 40 Millionen an Zuschüssen und Hilfen für die Kultur bewilligt worden seien und allein 30 Millionen davon auf Einrichtungen wie das Schloß entfielen. Da bleibt nicht mehr viel für die Kulturschaffenden selbst. Er sieht den richtigen Backlash in 2-3 Jahren kommen. Die Stadt Mainz solle mehr tun, beispielsweise Proberäume fördern – Kultur ist Menschenrecht. Er bezog sich auch auf die stattgefundenen Events in Streaming- und ähnlicher Form ohne Publikum, als er sagte „Ich kann nicht lachen, wenn nicht neben mir jemand lacht.“
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David Dietz (FDP) stellt klar, daß dies kein Dauerzustand sein könne. Jeder Tag zählt, wenn man nicht arbeiten kann – die Maßnahmen greifen nicht oder zu spät. Hier müsse auch gezielter in Maßnahmen investiert werden.
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Andreas Kubitzki, Musiker und Aktivist der Gewerkschaft ver.di, berichtet von Verdiensteinbußen von 70%. Er unterrichtet noch nebenbei. Die Überbrückungszahlungen greifen nur für die Betriebskosten – Lebenshaltungskosten fallen hinten über. Er zeigte noch die Möglichkeit für Stipendien für Künstler*innen auf, um die man sich durch Vorlage der KSK-Bescheinigung bewerben kann. Er selbst kann im Theater ein wenig spielen und zeigt erst für den nächsten Sommer Optimismus.
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Letzte Gesprächspartner des Tages waren Timm Junker und Bernhard vom Bauer, Organisatoren von Alarmstufe Rot Hessen/RLP, appellierten ebenfalls, daß die Branche als solche zusammenstehen müsse. Es habe zu lange gedauert, bis die Politik in die Gänge kam; Politiker seien generell schwer zu greifen. Wir befinden uns im 10. Monat ohne großartige Umsätze. Ein weiterer Punkt, der oft nicht zur Sprache kommt – die Hilfen greifen nur bei in Deutschland ausgefallenen Auftritten. Tourneen beschränken sich allerdings meist nicht auf nur ein Land.
Gegen Ende wurde es noch sehr bewegend, als eine Audiobotschaft von Madeline Aurie abgespielt und dann um ihren Song „Ich vermisse die Musik“ ergänzt wurde, in dem sie ihren Gefühlen Ausdruck verlieh.
Das Schlußwort lag bei Dirk Nossbach, der eine Zeile aus dem Song aufgriff – alles nachzuholen, wenn alles wieder normal ist, werde so wohl kaum stattfinden können, da wir Wege finden müssen, mit einer Pandemie zu leben. Wir alle sind Teil der Lösung und wir müssen gemeinsam Wege finden, um damit umgehen zu können. Es wird kein Nachher wie vorher geben. Jede Veranstaltung sei so sicher wie ein Einkauf im Einzelhandel. Die Veranstaltungsbranche hat das Rüstzeug, beispielsweise die Impf- und Testzentren zu bauen und zu betreiben.
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Worin sich alle Redner*innen einig sind:
Die Regularien zum Bezug von Überbrückungshilfen, das Regelwerk selbst, die Berechtigungsvoraussetzungen zum Bezug – der ganze bürokratische Aufwand – sind zu kompliziert (selbst Steuerberater kapitulieren!) und uneins. Die Regelung kann sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden. Es gibt zu viele, die durchs Raster fallen. Der Bezug von Arbeitslosengeld 2 sprich Hartz IV ist für viele auch nicht praktikabel, da sie nicht arbeitslos/arbeitssuchend sind, sondern derzeit einem Beschäftigungsverbot unterliegen.
Die Auszahlung der sogenannten „Novemberhilfe“ wird sich bis in den Januar 2021 hinein verzögern, da es hier noch Probleme mit der Softwareprogrammierung gibt. Es können noch nicht einmal die Anträge gestellt werden.
Der Staat verteilt die Gelder sinnlos, nicht zielorientiert, auch „ungerecht“.
Es gibt keine Erklärung, inwiefern von Kulturveranstaltungen eine Gefahr für die Gesundheit ausgehen soll, da alle Betriebe die Hygienevorschriften und -konzepte konsequent umgesetzt haben, auf Abstände achten, limitierte Besucherzahlen usw., und bislang auch kein Ausbruch auf eine Kulturveranstaltung (Theater, Konzert, Kino…) zurückzuführen ist. Als Argument wird angeführt, daß sich die Besucher*innen beim Betreten und Verlassen der Veranstaltung „stauen“ können – was in Diskrepanz dazu steht, daß es beim ÖPNV, insbesondere beim üblichen Berufs- und Schulpendleraufkommen in Bussen und Zügen diesbezüglich keinerlei Bedenken zu geben scheint. Die öffentlichen Verkehrsmittel werden wieder weit besser genutzt als zu Beginn der Pandemie, Schulbusse sind ohnehin in der Regel knallvoll und Abstände gar nicht einzuhalten.
Schließungen und Öffnungen von Betrieben sollten individueller und nicht pauschal geregelt werden.
Es gibt keine Planungssicherheit.
Die Gäste sind verunsichert – auf Verdacht kauft keiner mehr Konzertkarten (finden die Veranstaltungen überhaupt statt, werden die Events nur verschoben oder abgesagt, sollten sich doch Änderungen ergeben…)
Unverständnis darüber, daß große Konzerne mit Milliardensubventionen unterstützt werden, obwohl deren Mitarbeiter*innen wenig Ungemach droht, da das Kurzarbeitergeld ebenfalls vom Staat kommt
Die Kulturschaffenden (egal ob Künstler*innen, Crew dahinter, Veranstaltungsmitarbeiter*innen) müssen sich mehr zusammenschließen, da sie in der Masse eher wahrgenommen werden
Immerhin findet inzwischen ein Dialog der Branche mit der Politik statt.
Hier werden die Hilfen erklärt