Review: WOLVES IN THE THRONE ROOM – Primordial Arcana

Review: WOLVES IN THE THRONE ROOM – Primordial Arcana
Wolves In The Throne Room

Die naturverbundenen Blackmetaller Wolves In The Throne Room bringen Ende der Woche ihr neues Album Primordial Arcana heraus. Schon der Blick auf das Artwork verrät, dass es erneut eine Hommage an die majestätische, wilde Natur wird. SKULL NEWS stellt euch das Album vor!

Wolves In The Throne Room Primordial Arcana

Tracklist: Wolves In The Throne Room Primordial Arcana (20. August 2021, Century Media)

01 – Mountain Magick

02 – Spirit of Lightning

03 – Through Eternal Fields

04 – Primal Chasm (Gift of Fire)

05 – Underworld Aurora

06 – Masters Of Rain And Storm

07 – Eostre (instrumental)

Die neue Scheibe, erneut in Wolves In The Throne Room Tradition komplett DIY produziert, beginnt knisternd und knatternd und klingt wie eine alte Schallplatte. Doch dann donnert „Mountain Magick“ ordentlich basslastig los. In tiefdunkler Stimmung nimmt der Opener das Thema des Albums vorweg: die Vergänglichkeit des Menschen und seine Einbindung in die irdische Welt, die man allzu oft in der Zivilisation vergisst. Fast schon liebevolle Beschreibungen des Prozesses des Übergangs in die Materie bietet uns der Songtext. Die sprachlichen Bilder von Grab, Unterwelt und Verfall werden musikalisch durch eine sehr starke Präsenz des Basses, durch Halleffekte, und tiefe Gitarrenriffs in Moll betont. Ein powervoller erster Song, welcher zurecht als Single ausgekoppelt wurde, da er das Album pointiert repräsentiert.

Wolves In The Throne Room „Mountain Magick“

„Spirit of Lightning“ wiegt uns mit ätherischen Harfenklängen und rollendem 6/8 Takt in eine fast heimelige Atmosphäre. Der Gesang ist reduziert auf ein lockendes Flüstern, sich dem harmonischen Gleichgewicht der Natur anzuschließen. Jedoch spitzt sich der Song spitzt immer mehr zu, wird intensiver, bald schon, wie ein aufkommender Sturm rast das Schlagzeug los, die Vocals werden heiser und getrieben. Der Wind legt sich hin und wieder, immer mal unterbrechen majestätische langgezogene, ruhigere Instrumentalteile die Anspannung. Fast meditative Ruhe ist das Stilelement, das das gesamte Album mit am meisten prägt.

Wolves In The Throne Room „Spirit of Lightning“

Primordial Arcana hat einen wesentlich langsameren Puls als die früheren Werke der Band. Ohne Eile führen uns Wolves In The Throne Room musikalisch durch die wilde, rauhe Natur ihrer Heimatregion. Wir hören förmlich die Präsenz der uralten undurchdringlichen Wälder, repräsentiert durch schleppende, erdig abgemischte Perkussion. Die perlenden Gitarrenriffs brechen durch den dunklen Soundteppich wie die Sonnenstrahlen durch das dichte Blattwerk, welches in den Lyrics von „Through Eternal Fields“ in romantischen Motiven wie „blackened trees and healing sun“ oder „autumn light through pale leaves“ beschrieben wird. Das Intro von “Primal Chasm (Gift of Fire)”, ein durchdringender, an Alarmsirenen erinnernder Ton, stört brutal die zuvor erzeugte Kontemplation. Er reißt den Sound auf, so wie der Vulkanausbruch, welcher in eindrucksvollen wie fast schon kitschigen Zeilen wie „turbid oceans of magma ascend through quaking aether, crimson waves“ wiedergegeben wird.

Wolves In The Throne Room „Primal Chasm (Gift Oof Fire)“

Erneut bringen Wolves In The Throne Room das Staunen vor den schöpferischen wie zerstörerischen Kräften der Natur zum Ausdruck. Der Mensch an sich kommt in den Songtexten kaum vor, auch wird bewusst die Gesangsstimme so stark verzerrt ausgedrückt, dass sie als menschliche Stimme fast nicht mehr zu erkennen ist. Sie gleicht eher dem Schrei und tiefen Rufen wilder Kreaturen! Nur im ersten Lied werden die sich zersetzenden Körperteile wie Haare oder Knochen genannt, aber nie ein explizit vollständiger, menschlicher, lebender Körper, kein Protagonist beschrieben, geschweigedenn profane menschliche Gefühle. Das zuhörende „Du“ wird zwar angesprochen, aufgefordert, sich der Natur hinzugeben, wie in „Spirit of Lightning“, aber es kann auch ein distanziertes, indifferentes „man“ sein.  Nur in „Underworld Aurora“ wird ein annähernd anthropomorphes Wesen abgebildet, jedoch in Form einer Muttergottheit, also eben nicht ein irdischer, konkreter Mensch. Auch spricht hier erstmals ein lyrisches Ich von seiner/ihrer subjektiven Erfahrung der göttlichen Natur, es ist, als ob sich der Mensch in einer intakten Wildnis auflöst (dazu passt, dass das Album mit einem rein instrumentalen Song endet). Ganz so, wie wir Zuhörer*innen im breiten Sound und den musikalischen wie sprachlichen Bildern, die Primordial Arcana erzeugen, aufgehen. Kontinuierlich ist seit dem Album Diadem of the 12 Stars der durchgängige Gebrauch von Synthesizer-Effekten und – melodien, welche die Klanglandschaft stimmig ergänzen. Ebenso gehören ins Repertoire die Samples von natürlichen Klängen wie Rufe von Raben, plätschernde Bäche, Wolfsgeheul, so wie im neuen Album in „Masters Of Rain And Storm”. Bei anderen Bands würde man dies vielleicht als hoffnungslos kitschig empfinden, doch bei den Jungs von Wolves In The Throne Room wissen wir, dass sie eine wahre, innige Verbindung zu ihren Wäldern haben, in denen sie die meiste Zeit zurückgezogen leben und auch ihre Musik selbst aufnehmen und produzieren. Heraus kommt ein neues Meisterwerk von Wolves In The Throne Room, welches die Meditation in der Natur musikalisch abbildet, die Zuhörer*innen einlädt, sich auf die komplexen, ausdrucksstarken, cineastischen Klanglandschaften einzulassen. Primordial Arcana ist ein erhabener Hörgenuss, auf den man sich allerdings konzentrieren muss, es ist ein aufmerskamkeitsforderndes Album, welches man nicht einfach so nebenbei laufen lassen kann. Doch wenn man sich in diese musikalische Welt hineinziehen lässt, kommen die Bilder im Kopf von ganz alleine, man lässt sich treiben und entdeckt bei jedem neuen Anhören neue Details. Auch lohnt es sich sehr, die Lyrics mitzulesen, welche ausgesprochen poetisch sind. Alles in Allem ist Primordial Arcana ein sehr abgeklärtes, reifes Album der Band. Wer aber die ungestüme Heftigkeit des Stils von Two Hunters sucht, wird zwar einige Elemente wiederfinden, doch schließt das neue Werk von Wolves In The Throne Room eher an die majestätische Stimmung von Celestite und das Storytelling von Thrice Woven an. Es ist insgesamt also sehr rund und eine spannende Hörerfahrung, die SKULL NEWS Fans von sphärischem, komplexen, dunklem Sound sehr empfehlen kann.

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