Review: Wolfheart Wolves Of Karelia
Winter. Dunkelheit. Schnee. Kälte. Wald. Ein unerbittlicher Kampf tobt. Im neuen Album Wolves Of Karelia verarbeitet die finnische Melodic Death/ Black/ Winter Metal Band Wolfheart echte Erlebnisse von Veteranen des finnischen Winterkriegs von 1939/40. In diesem Kampf musste sich Finnland gegen Russland zur Wehr setzen und schließlich mit dem Friedensvertrag unter Anderem die Region Karelien abtreten. Ein Trauma, das heute noch die Leute dort prägt. Wolfheart inszenieren musikalisch diese Schlacht um Karelien sowie die rauhe finnische Natur. SKULL NEWS präsentiert euch exklusiv das Album Wolves Of Karelia von Wolfheart!
Die Band Wolfheart wurde 2012 als Ein-Mann-Projekt von Tuomas Saukkonen gegründet. Vorher hatte er seine anderen Musikprojekte Before the Dawn, Black Sun Aeon, Dawn of Solace und RoutaSielu aufgelöst und damit die Metalwelt schockiert. 2013 brachte dann Tuomas Saukkonen sein Debütalbum Winterborn im Eigenverlag heraus, auf dem er erst noch alles selbst aufgenommen hat, den Gesang und sowie alle Instrumente. Unterstützung hatte Tuomas aber von Mika Lammasaari (Mors Subita, Eternal Tears of Sorrow) als Gastmusiker für die Gitarrensoli auf dem Album. Seitdem ist viel Zeit vergangen, es kamen feste Bandmitglieder dazu, Wolfheart brachten weitere von den Kritikern und Fans hoch gelobte Alben raus und wurden eine feste Größe im Metal, in Finnland sowie international. Zuletzt waren Wolfheart in den Schlagzeilen, weil Gitarrist Mika Lammassaari, ein Liebling der Fans, die Gruppe im letzten Sommer verlassen hat. Aktuell sind Wolfheart mit Tuomas Saukkonen (Gesang, Gitarre), Joonas Kauppinen am Schlagzeug, Lauri Silvonen mit Bass und Backing Vocals sowie Vagelis Karzis für die Studioaufnahmen (Gitarre) besetzt. Seit dem letzten Album, Constellation of the Black Light (2018), sind Wolfheart bei Napalm Records unter Vertrag, wo auch ihr fünftes Studioalbum, Wolves Of Karelia am 10. April erscheint. Es ist ein Konzeptalbum, auf dem Wolfheart den finnischen/russischen Winterkrieg von 1939/40 aufarbeiten. Im Vorfeld haben sie sich von den Erlebnissen der Veteranen inspirieren lassen und so ihre Lieder entwickelt. Herausgekommen ist ein düsteres, zugleich majestätisches Album, das in Filmsoundtrackmanier große Bilder von Schlacht und Natur hervorbringt. SKULL NEWS durfte sich die Platte schon anhören und stellt sie euch hier vor:
Tracklist: Wolfheart Wolves Of Karelia (10. April 2020, Napalm Records)
01 – Hail Of Steel
02 – Horizon On Fire
03 – Reaper
04 – The Hammer
05 – Eye Of The Storm
06 – Born From Fire
07 – Arrows Of Chaos
08 – Ashes
Mit „Hail Of Steel“ beginnt ein langes, getragenes Intro, das enorm Spannung aufbaut. Dann geht es aber mit dem rasenden Schlagzeug ab, das fast schon wie Maschinengewehrsalven prasselt, dazu spielen im Hintergrund langgezogene Streicher und erzeugen einen komplexen Klangraum. Die Streichinstrumente wiederum erwecken Bilder von tobenden Schneestürmen. Wolfheart starten in ihr neues Album wahrhaft gewaltig und zeigen eindrucksvoll, wofür ihre Band über die Grenzen Finnlands bekannt geworden ist, nämlich für ihren cineastischen, komplexen Sound, der bei den Hörer*innen ganze Landschaften im Kopf entstehen lässt. Der Refrain des ersten Lieds ist episch, und auch das kristallklare Gitarrensolo kurz vor Schluss gefällt uns sehr. Ein kleiner Kritikpunkt wäre, dass „Hail Of Steel“ große Ähnlichkeiten zum Opener („Aeon Of Cold“) des letzten Albums hat. Track zwei, „Horizon On Fire“, geht es mit vibrierenden akustischen Gitarrenriffs, dazu sehnsuchtsvolle Violinen, zuerst ruhig an. Schnell setzen dann das bretternde Schlagzeug und die E-Gitarren ein. Wolfheart zeichnet aus, dass die Musiker außergewöhnlich virtuos und variantenreich spielen, so setzt Drummer Joonas Kauppinen immer wieder Rhythmuswechsel ein, um die Spannung zu verstärken. Auch in diesem Song ist der Refrain aussagekräftig, getragen von den mächtigen Growls des Frontmanns Tuomas Saukkonen, begleitet von perlenden Gitarrenmelodien. „Reaper“ beginnt anders als die anderen Lieder gleich mit rauhen, aggressiven Gitarren. Im Refrain spielt die Gitarre aber schon fast folklorische Melodie, ein Stilelement, das wir von anderen finnischen Bands wie zum Beispiel Amorphis kennen. In diesem Lied finden die Hörer*innen kaum eine Atempause. Durchgängig wird durchgepowert, was auch zu den Lyrics passt. In „Reaper“ erzählen Wolfheart vom rasenden Kriegsgeschehen, das mit einem blutigen, brennenden Sturm verglichen wird. Der Songtext, besonders die Zeile „Behold the wrath that storms thru these lands, rage where two nations collide“ beschreibt beeindruckend wie die Rote Armee im Winterkrieg den finnischen Soldaten zahlenmäßig um ein Vielfaches überlegen ist. Wie David gegen Goliath, doch hat diese Widerstandsfähigkeit den Stolz der Finnen bis heute geprägt, so singen Wolfheart auch „superior in arms, but never in heart“. Die russischen Soldaten sind zwar überwältigend in der Überzahl, aber die Finnen haben einen starken Willen. „Reaper“ ist also eine Hommage an jene Soldaten, die sich angesichts einer aussichtslosen Lage nicht haben entmutigen lassen. Es ist auch einer der stärksten Songs und er wird live sicher für einige steife Nacken sorgen, denn es ist unmöglich, dazu nicht zu headbangen. Das vierte Lied, „The Hammer“, geht im selben marschierenden Rhythmus weiter, mit dem das vorige endet, jedoch etwas getragener. Mit akzentuierten Streichern und Gitarrenriffs erhöht sich die Dramatik, bis es in Wolfheart typischer Weise mit dem einsetzenden Gesang voll abgeht. „The Hammer“ folgt keinen langweiligen Strophe-Refrain-Strophe-Refrain- Mustern, so setzt recht früh im Lied schon ein sehr virtuoses, in der Melodieführung fast schon orientalisch anmutendes, Gitarrensolo ein. Mit seinen vielen Tempo- und Rhythmuswechseln, dem schönen Solo, überraschenden ruhigen Parts mit Akustikgitarre, Piano und Streichern, ist „The Hammer“ eines der abwechslungsreichsten Lieder auf Wolves Of Karelia, für uns definitiv ein Highlight des Albums! Es gleitet mit einem melancholischen akustischen Part aus, zuvor singen Wolfheart noch vom „eye of the storm“, der Ruhe vor dem Sturm, welche im nachfolgenden rein instrumentalen Song aufgegriffen wird. Nummer fünf, „Eye Of The Storm“, bietet eine wohltuende Schnaufpause, zeitgleich wird eine spannende Atmosphäre aufgebaut, die irgendwo zwischen Sehnsucht (Violinen), Hoffnung (Klavier) und hintergründiger Bedrohung (einzelne sehr hart angeschlagene Gitarrentöne) schwankt.
Das sechste Lied, „Born From Fire“, ist eines der besten auf Wolves Of Karelia. Es überzeugt uns mit seinen rasanten Wechseln zwischen schwermütigen Streichern, pulsierenden Gitarrentremolos, einem sehr präsenten Schlagzeug, mal tobend, mal schleppend, und einprägsamen Melodien. Im Songtext erzählen Wolfheart vom nicht zu brechenden Überlebenswillen der Soldaten. In diesem Lied ist die unerbittliche finnische Natur auf der Seite der Verteidiger, welche die Angreifer in die Wildnis, ins Verderben, locken: „lead them into the wild, cut their line of supply, prevent them from reinforcing the lines“. Gekonnt verbinden Wolfheart wieder einmal reale geschichtliche Ereignisse, dargestellt in krassen Kriegsszenarien, mit überwältigenden Naturmotiven. Weiter geht es mit „Arrows Of Chaos“, welches majestätisch beginnt, ein letztes Aufbegehren wird beschworen. In der Tat ist das Hauptanliegen des Frontmanns und Songwriters Tuomas Saukkonen, in seiner Musik Geschichten zu erzählen, was in Wolves Of Karelia erneut hervorragend gelingt. Das Album wird abgeschlossen mit „Ashes“, welches bereits mit einem Lyricvideo als Single veröffentlicht wurde. Von einem andächtigen, akustischen Intro geht „Ashes“ bald in cineastische Breite und klangliche Dreidimensionalität über. Mit Blick auf die Lyrics könnte es gut sein, dass Wolfheart mit diesem Lied ein musikalisches Denkmal für die Gefallenen auf dem Schlachtfeld setzen wollen. Manche von ihnen wurden damals gefunden und ihre Körper nach Hause gebracht, andere blieben verschollen im Wald, doch allen wird bis heute gedacht: „we bring them home, each one forged into a stone, each name to be remembered“. Manche Veteranen des Winterkriegs sind weiterhin auf der Suche nach ihren Kameraden, da noch immer nicht alle Schicksale aufgeklärt sind. „Ashes“ ist auch der melancholischste Song auf dem Album, immerhin erzählt er auch davon, dass der 1940 ausgehandelte Friedensvertrag schmerzhaft und blutig errungen wurde, nicht nur wegen der Verluste an Menschen, sondern auch wegen des Verlusts an Territorium. Finnland musste im Kontext des Friedensvertrages unter anderem die östliche Region Karelien abtreten, eine nationale Erschütterung, die nach wie vor nachwirkt, „when silence fell to the world, to our lands torn apart“. In „Ashes“ ist der Gesang deutlich weniger präsent, es gibt viele langgezogene instrumentale Parts und schließlich klingt es ganz ohne Stimme aus. So endet ein wahrhaft komplexes, spannendes Album.
Wolves Of Karelia von Wolfheart ist durchgängig energiegeladen, bis auf das ruhige instrumentale Lied in der Mitte. Die finnische Winter Metal Band baut einen dramatischen Spannungsbogen auf und das Album wird nie langweilig. Es klingt melancholisch, molllastig und erzeugt in der Vorstellung der Zuhörer*innen Bilder von schroffer Natur und gewaltigem Schlachtgetümmel. Wolfheart übertreffen sich mal wieder selbst mit diesem epischen Meisterwerk! SKULL NEWS kann allen Fans von nordischer Melancholie und metallischer Wucht das Album Wolves Of Karelia von Wolfheart ausdrücklich empfehlen.
Wolfheart gehen im Frühling mit Rotting Christ in den USA und Kanada auf Tour. Sobald es auch Konzerttermine für Europa gibt, kriegt ihr von SKULL NEWS natürlich alle Infos.
Die bisher bestätigten Termine sind:
19.03.20
US – Berkeley, CA / Cornerstone
20.03.20
US – Portland, OR / Bossanova Ballroom
21.03.20
CA – Vancouver, BC / Rickshaw Theatre
22.03.20
US – Seattle, WA / El Corazon
24.03.20
US – Salt Lake City, UT / Metro Music Hall
25.03.20
US – Denver, CO / The Roxy Theater
26.03.20
US – Kansas City, MO / The Riot Room
27.03.20
US – Minneapolis, MN / Skyway Theatre
28.03.20
US – Chicago, IL / Reggies
29.03.20
US – Detroit, MI / Sanctuary
31.03.20
CA – Toronto, ON / Mod Club
01.04.20
CA – Montreal, QC / Foufounes Electriques
02.04.20
US – Quebec City, QC / Le D’Auteuil
03.04.20
US – Brooklyn, NY / Saint Vitus Bar
04.04.20
US – Manchester, NH / Jewel
05.04.20
US – College Park, MD / MilkBoy ArtHouse
06.04.20
US – Pittsburgh, PA / Spirit Hall
07.04.20
US – Lexington, KY / Cosmic Charlies
08.04.20
US – Asheville, NC / The Grey Eagle
09.04.20
US – Birmingham, AL / Zydeco
10.04.20
US – Tampa, FL / The Orpheum
11.04.20
US – Atlanta, GA / The Masquerade (Hell)
13.04.20
US – Houston, TX / White Oak Music Hall
14.04.20
US – Fort Worth, TX / Rail Club Live
15.04.20
US – Austin, TX / Come and Take It Live
16.04.20
US – El Paso, TX / Rockhouse Bar
17.04.20
US – Mesa, AZ / Club Red
18.04.20
US – San Diego, CA / Brick By Brick
19.04.20
US – Los Angeles, CA / 1720
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Foto Credits: Valtteri Hirvonen
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