Review: Børeal – Las Mariposas Agitan Sus Alas
Woran denkt man bei Kolumbien? Zuerst dürften die Klischeebegriffe Kokain und Kaffee fallen. Carlos Valderrama liegt noch auf der Hand. Bei Musik wird es schon etwas schwieriger. Richtig, die hüftschwingende Shakira, seit gut 20 Jahren erfolgreichster Exportschlager.
Und dann gibt es noch Børeal, die euch SKULL NEWS näher vorstellen möchte.
Das dem Prog Rock/Alt-Rock zugewandten Quintett aus Bogotá, das Mastodon, Baroness, Coheed and Cambria als Einflüsse nennt und auch Post-Rock, Post-Metal und Djent verinnerlichte, hat ihre Erstlings-EP innerhalb von zwei Monaten aufgenommen. Las Mariposas Agitan Sus Alas – „Schmetterlinge schlagen mit den Flügeln“. Zarte, fragile Geschöpfe sieht man bei Børeals Musik eher weniger vorm inneren Auge durch die Luft tanzen, aber die Metapher mit dem Flügelschlag trifft es gut.
Tracklist: Børeal Las Mariposas Agitan Sus Alas (15. Oktober 2020)
01 – Origen
02 – Homo Homini Lupus
03 – Anhedonia
04 – Børeal
Das an einen Rorschachtest erinnernde Coverartwork ist ein erstes Indiz dafür, wo die Reise hingeht, denn es geht auch um psychische Abgründe. Der Unterton der gesamten EP ist von Nachdenklichkeit und unterschwelligem Rebellentum geprägt und paßt diesbezüglich hervorragend in unsere pandemische Zeit. Bereits beim ersten, mit punkig-knackigen Gitarrenriffs beginnenden Stück „Origen“ – „Ursprung“, geht es um das Sein und Werden, Kosmos und Chaos, was die Schmetterlingsflügel wieder aufgreift, denn heißt es nicht, der Flügelschlag eines Schmetterlings kann einen Orkan auslösen? Das von Thomas Hobbes inspirierte „Homo Homini Lupus“ beleuchtet den Menschen, die selbst ernannte Krone der Schöpfung, als das, was er mittlerweile ist – den Parasiten, der in seiner Selbstsucht seinen eigenen Lebensraum und den seiner Mitgeschöpfe zerstört. „Anhedonia“, die Unfähigkeit, Freude und Lust zu empfinden, umschreibt den Nihilismus und die als solche empfundene Vergeblichkeit des Daseins. Und „Børeal„, die Begrifflichkeit, die mitunter eine nacheiszeitliche Epoche vor rund 10.000 Jahren bezeichnet, etwas, was den Planeten prägte, aber vergangen ist, greift erneut die Frage nach den Ursprüngen und den Sinn allen Seins, nach dem Warum und Weshalb, auch bezüglich der Menschheitsgeschichte und was in dieser so alles verbockt worden ist, wieder auf.
Ihre Texte sind in eine wissenschaftliche und rationale Vision des Lebens eingebettet; den Kosmos, die Natur, die Existenz; nicht als Gefahren oder Launen von Gottheiten oder als Ergebnis von Überzeugungen und Aberglauben; für Børeal sind die Wissenschaft und der menschliche Intellekt die einzigen, die alles erklären können.
Dennoch handelt es sich bei Las Mariposas Agitan Sus Alas um ein kurzweiliges Minialbum, das einfach Spaß macht und rockt. Trübsinn kommt hierbei nicht auf. Camilo Rodríguez bedient sowohl cleane als auch harshe Vocals sehr souverän; Ivan Baquero und Ricardo Linares sorgen an den Gitarren mit einem Wechselspiel aus trockenen Riffs und fingerfertigen Läufen und Soli für Spannung, Diego Vargas gibt an den Drums reichlich Gas und Gummi, einzig Jei Vera am Bass hätten wir uns beim Mixing etwas stärker nach vorne gebracht gewünscht.
Børeal haben ihr Material vor Ausbruch der Pandemie bereits live erproben können und arbeiten derzeit an weiterem Material für ein komplettes Album.
Las Mariposas Agitan Sus Alas erhaltet ihr beispielsweise digital bei Bandcamp.
Børeal sind:
Jei Vera – Bass
Diego Vargas – Drums
Ivan Baquero – Lead & Rhythm Guitar
Ricardo Linares – Lead & Rhythm Guitar, Chorus, Songwriting & Lyrics
Camilo Rodríguez – Clean, Harsh Vocals & Lyrics
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Sabine
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