Review: JINJER – Wallflowers

Review: JINJER – Wallflowers
Jinjer

Die Progressive /Groove Metal Sensation Jinjer aus der Ukraine gilt zurecht mittlerweile als eine der innovativsten Bands des Genres und das indem sie jede Genregrenze mit Wumms einreißen. So kombinieren Jinjer völlig unverkrampft Elemente aus Reggae, Grunge, Hardcore, gewürzt mit ordentlich Groove sowie jazziger Verspieltheit und psychedelischer Extravaganz. Das klingt überraschend und neu, fast zu gut, um wahr zu sein, doch wenn man Jinjer einmal live erlebt hat (wir berichteten hier über ihr Livealbum), dann weiß man, dass die vier Ausnahmetalente auf der Bühne nicht nur überzeugen, sondern zu überwältigen. Nicht nur Sängerin Tatiana Shmayluk beeindruckt mit ihrer variantenreichen Gesangsleistung – zwischen warmem Soulsound, kristallklarem Klargesang, und bärenstarken Growls – sondern auch mit ihrer sympathischen und doch dominanten Persönlichkeit, die selbst den hartgesottensten Metalheads ordentlich Feuer unterm Hintern macht. Wenn Tatiana zum Circle Pit auffordert, dann gehorcht ihr die Menge aufs Wort! Basser Eugene Abdukhanov ist eher der introvertierte Typ, doch seine Fingerfertigkeit und Präzision sind legendär. Ihm und Schlagzeuger Vlad Ulasevich haben Jinjer ihren unverwechselbaren Rhythmusreichtum zu verdanken, immerhin sind die beiden für die teils unerwarteten und doch pointierten Groovewechsel zuständig. Diese Reizüberflutung ist offen gesagt etwas, weshalb ich persönlich Jinjer live besser finde als auf Studioaufnahmen, denn auf der Bühne wird das kreative Chaors von der Performance der sehr aufeinander eingestimmten Musiker*innen zusammengehalten. Auch sind Jinjer in ihrer Virtuosität fast schon zu perfekt, dass man bei einem Studioalbum manchmal nicht glauben kann, dass es real ist. Erst durch die Liveperformance, wenn man sieht, wie die Musik zum Leben erweckt wird, wird sie greifbar. Dies liegt unter anderem auch daran, dass jedes einzelne Lied von Jinjer stehts eine wilde Mischung bereithält und wenn man eben in Albumlänge elf abgefahrene Prog-Feuerwerke zündet, dann verliert man ein wenig den Überblick. Dasselbe passiert leider auch wieder mit dem neuen Album Wallflowers.  Ich kann empfehlen, dass man sich die Songs einen nach dem anderen bewusst anhört, und nicht alles in einem Rutsch, damit man überhaupt die Komplexität wertschätzen kann. Und zu entdecken gibt es da einiges! Zum Beispiel die melancholischen, präludierenden Gitarrenriffs im Opener „Call Me A Symbol“. Generell macht den Sound von Jinjer auch das ungewöhnlich variantenreiche Gitarrenspiel von Roman Ibramkhalilov aus, der auf den Saiten mal parallel zur Gesangsmelodie harmonisiert, mal in Unison mit dem Bass tiefe brettharte Riffs raushaut, mal mit rasanten Tappingtechniken mit beiden Händen über das Griffbrett saust und dabei fast schon pianoartige, mehrstimmige Melodien hervorzaubert. Basslastig ist vor allem der Song „Colossus“, der sicher einer der Headbanger bei der hoffentlich bald anstehenden Tour sein wird, auch überzeugt Tatiana einmal mehr mit ihren ausgebauten Growls. In der Singleauskopplung „Vortex“ dagegen zeigt sie eher ihren Variantenreichtum im Klargesang, wobei die Spannungskurve von sanftem Katzengesang über jazzig-freche Belts hin zum aggressiven harschen Gesang hin ein zwar nach wie vor wirkungsvolles Stilmittel ist – aber auch ein wenig ein Lieblingsrezept von Jinjer seit ihrem viralen Hit „Pisces“.

Jijner „Vortex“

Für Abwechslung sorgen Jinjer bei der Auswahl ihrer Singles, die je eine andere der vielen Facetten des Albums Wallflowers vorstellen. Wo „Vortex“ an die früheren Platten anknüpft, zeigt sich „Wallflower“ eher von der dunklen, psychedelischen Seite. Zwar sind die Wechsel zwischen soft und hard nicht neu bei Jinjer, aber in „Wallflower“ probieren sie ungewöhnliche Sounds aus. Sehr getragen, emotional, düster, ein Seelenstriptease. Mal was Neues und ohne Frage ein Highlight des Albums! Das dazugehörige Musikvideo in einer fast schon an Sin City erinnernden graphischen Ästhetik in schwarz, weiß und rot und der „Lady Vengeance“ – Thematik ist auch optisch ein Genuss.

Jinjer „Wallflower“

Auffällig ist, trotz des bunten Mixes und teils etwas anstrengenden Brüche, was die Eingängigkeit leider reduziert, dennoch ein Stilelement, was sich durch das Album zieht: So hat „Disclosure!“ einen neuen dynamischen Rock ‚n‘ Roll Vibe in spannender Kombi zu 90er-Jahre Grunge zu bieten – schöner neuer Twist! Diesen hören wir auch in den anderen Songs, vor allem in „Pearls And Swine“, in welchem Jinjer klingen, als ob sie dem aktuellen 90er Trend eins draufsetzen, indem sie den ikonischen Grunge-Rock modernisieren und zeitgemäß härter und gleichzeitig verspielter neuauflegen. So werden Jinjer mit Wallflowers sicher neue Fanbases im Sturm erobern! Alte Fans der Band werden sich mit der neuen Platte auch einerseits über typische Jinjer-Songs freuen können, andererseits wird es aber auch mit den neuen Stilelementen nicht langweilig. Denn bei Jinjer kann man sich auf eine Sache immer verlassen, dass sie zu überraschen wissen. Dies ist zum einen die große Stärke der Band, zum anderen, wie oben gesagt, fällt es schwer, auch nach den ersten Runden, klare Melodien im Kopf zu behalten. Trotzdem ist Wallflowers wieder ein exzellentes Werk im Progressive / Groove Metal und Jinjer gelingt es erneut, innovative Ideen in ihrer Musik zum Ausdruck zu bringen!

Jinjer Wallflowers

Tracklist: Jinjer Wallflowers (27. August 2021, Napalm Records)

01 – Call Me A Symbol

02 – Colossus

03 – Vortex

04 – Disclosure!

05 – Copycat

06 – Pearls And Swine

07 – Sleep Of The Righteous

08 – Wallflower

09 – Dead Hands Feel No Pain

10 – As I Boil Ice

11 – Mediator

Musik, Merchandise und mehr von Jinjer auf ihrer Homepage

sowie auf der Webseite von Napalm Records.

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Jinjer „Mediator“

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