Review: Temperance Melodies Of Green And Blue

Review: Temperance Melodies Of Green And Blue
Temperance

Temperance kennt man eigentlich als eine echte Naturgewalt, seit 2013 lässt es die Melodic Power Metal Band ordentlich krachen. Und gerade erst hatten sie letztes Jahr ihr von der Presse vielfach gelobtes Album Viridian herausgebracht. Wir haben immer noch die energiegeladenen Hits wie „Start Another Round“ im Ohr, mit denen uns Temperance einen spannenden Mix aus anstachelndem Refrain, hymnischen Melodien und einem modernen Sound gute Laune machen. Umso überraschender kommt nun ihre akustische EP Melodies Of Green And Blue daher. Andere Metalbands haben sich bereits in diese Richtung gewagt, teils aus Lockdown-Langeweile heraus, teils, um die aktuelle konzertlose Zeit für neue kreative musikalische Experimente zu nutzen. So haben neulich Ad Infinitum ein rein akustisches Album veröffentlicht, Epica haben auf ihrer 2019er Neuauflage von Design Your Universe ebenfalls einige Songs akustisch eingespielt, und die finnische Progressive Metal Band Smackbound einige akustische Versionen ihrer Songs auf YouTube publiziert. Nun also auch Temperance und im Kontext des sich abzeichnenden Trends waren wir erst einmal skeptisch, ob das Konzept für die Powermetaller auch funktioniert. Wir können gleich verraten, dass Temperance mit Melodies Of Green And Blue eine wirklich schöne, stimmige EP hervorbringen, die nicht nur in die Regale von Temperance-Fans gehören. Sondern auch Leute, die eigentlich gar nichts mit Metal zu tun haben, sollten unbedingt mal in Melodies Of Green And Blue reinhören. Die EP ist ein akustischer Hörgenuss vom Feinsten! Nicht nur, dass durch die reduzierte Lautstärke die Gesangsstimmen wunderbar zur Geltung kommen: so kennt man Frontfrau Alessia Scolletti normalerweise stimmgewaltig und heavy, auf Melodies Of Green And Blue kann sie uns aber auch mit ihren zarten und emotionalen Tönen verzaubern, ganz wie auch ihre Kollegen Michele Guatoli und Marco Pastorino. Das Trio ergänzt sich absolut harmonisch! Man kann durch das geniale Arrangement außerdem auch sehr schön die Songstrukturen und Melodieentwicklungen hören, da die Stimmen präsenter sind als in den Powermetal-Originalen der Lieder. Temperance zeichnen sich durch eingängige und doch nicht banale Melodien aus sowie packende Spannungsbögen in den Songs aus. Doch auch die anderen Mitglieder der Band bringen ganz neue Raffinesse auf ihren Instrumenten zum Vorschein. Und das war auch einer der Punkte, weshalb wir im Vorfeld skeptisch waren ob ein Akustikalbum einer Powermetal-Band funktionieren könnte. Doch Temperance haben sich nicht für den einfachsten Weg entschieden und einfach alles ohne Verzerrer und Schlagzeug zu spielen, sondern sie haben ihre Lieder auf das akustische Genre hin angepasst und mit anderen Subgenres gespielt. Es gibt Anklänge an Country, wie in „Start Another Round“  oder Folk wie in „Nanook“.

Temperance “Start Another Round” im heavy Original
“Start Another Round” kommt auch gut in akustisch

Hinzu kommt, dass sie eine Vielzahl verschiedener akustischer Instrumente einsetzen, mal ein Piano und eine Mandoline (ebenfalls in „Nanook“, was ohne Frage ein SKULL NEWS Favorit auf Melodies Of Green And Blue ist), mal eine Kazoo in „I am the Fire“. Die Percussion auf Rasseln und Cajon liefert federleicht Alfonso Mocerino, wunderbar mitgetragen wird der Rhythmus auch diskret im Hintergrund am akustischen Bass von Luca Negro. Eins der schönsten Intros hat „My Demons Can’t Sleep“, hier baut Gitarrist und Sänger Marco Pastorino fingerfertig Erwartungen auf die unplugged Umsetzung des Killersongs von Temperance auf. „My Demons Can’t Sleep“ war auch schon auf Viridian in der deutlich kraftvolleren Originalversion eines unserer Lieblingslieder der Band, es funktioniert aber auch genial in der zarten Variante. Gutes Songwriting machts möglich!

Powermetal vom Feinsten: Temperance “My Demons Can’t Sleep”
“My Demons Can’t Sleep” klingt auch schön in der akustischen Version!

Vom vorigen Studioalbum Viridian haben Temperance insgesamt sechs Lieder auf Melodies Of Green And Blue neu umgesetzt. „Paint the World“ und „Evelyn“ sind dafür ganz neues Material, diese beiden akustischen Singles sind auch als Musikvideos rausgekommen.

Temperance “Paint The World”
Temperance “Evelyn”

Insgesamt ist Melodies Of Green And Blue eine gelungene EP geworden und ein SKULL NEWS Tipp für alle Fans von starken, ausdrucksvollen Stimmen, perlenden Gitarrenpickings und einer entspannten akustischen Atmosphäre. Vielleicht ist Melodies Of Green And Blue für Temperance auch ein Türöffner zu einem anderen Musikpublikum – verdient hätten sie es, mit diesem Juwel eine größere Reichweite zu bekommen. Apropos, wir sollten noch das ästhetische Artwork der EP erwähnen. Melodies Of Green And Blue von Temperance macht sich bestimmt schick als Vinyl in der heimischen Vitrine.

Temperance EP Melodies Of Green And Blue

Tracklist: Temperance Melodies Of Green And Blue (19. Februar 2021, Napalm Records)

01 – Paint the World (Acoustic Version)

02 – Evelyn (Acoustic Version)

03 – Let it Beat (Acoustic Version)

04 – I am the Fire (Acoustic Version)

05 – Nanook (Acoustic Version)

06 – Start Another Round (Acoustic Version)

07 – My Demons Can’t Sleep (Acoustic Version)

08 – Gaia (Acoustic Version)

Temperance sind:

Alessia Scolletti – Vocals
Michele Guaitoli – Vocals & Piano
Marco Pastorino – Guitar & Vocals
Luca Negro – Bass
Alfonso Mocerino – Drums

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