Review: Rasha Nahas – DESERT

Review: Rasha Nahas – DESERT

Langsam aber sicher gerät Israel, das doch eher kleine Land am Mittelmeer, unter Verdacht, ein stetes und nie versiegendes Füllhorn an großartigen Talenten zu sein. SKULL NEWS hat euch inzwischen viele großartige Musiker*innen vorgestellt und immer wieder aufgegriffen – so auch die anderen Kinder der Stadt Haifa, im Norden des Landes gelegen – Gunned Down Horses, wie hier mit ihrem Engagement gegen sexuellen Mißbrauch, ihrem Auftritt in Wiener Neustadt und ihrer Teilnahme bei der Kensai Music Conference. Heute geht es um ihre Schwester im Geiste und gute Freundin – die gerade erst 24jährige Rasha Nahas, die bereits seit vier Jahren in Berlin lebt, und die mit Desert ihr Debütalbum vorlegt.

Der Titelsong des Albums, Desert

Im Jahr 2016 veröffentlichte Rasha eine vier Titel umfassende EP namens Am I, die sich stilistisch noch auf anderen Pfaden bewegte; sie erzeugt mit sparsam instrumentierter Begleitung zu ihren dichten Erzählungen eine sehr intime Atmosphäre, ein Wohnzimmerkonzert bei prasselndem Kaminfeuer quasi.

Desert wurde über mehrere Jahre und Etappen hinweg geschrieben und produziert, einem Reisetagebuch gleich, wobei der Umzug nach Berlin viel zur Selbstfindung und freien Entfaltung beitrug, auch in der Möglichkeit, Menschen kennen zu lernen, die man aufgrund der politischen Gegebenheiten in Israel nicht einfach so hätte treffen können.

Neben ihrer Tätigkeit als eigenständige Musikerin arbeitet Rasha beispielsweise am Thalia-Theater in Hamburg.

Bei sämtlichen Songs – bis auf das Leonard-Cohen-Cover „Lover, Lover, Lover“ – zeichnet Rasha für Text und Musik verantwortlich. Die klassisch ausgebildete Gitarristin transportiert die Preziosen in eine der Weimarer Schule angelehnten akustischen Theaterlandschaft voller Raffinessen – die Musik gleicht einem Soundtrack, in dem auch ihre Band spannende Akzente zu setzen weiß, wodurch es selbst nach zahlreichen Durchläufen noch Feinheiten zu entdecken gibt. Die jazzige Zartheit einer Melody Gardot, die bohemische Leichtfüßigkeit einer Sophie B. Hawkins – so vieles mehr gibt es zu entdecken!

Tracklist Nasha Rahas Desert (29. Januar 2021, Rmad)

01 – Desert

02 – The Fall

03 – The Clown

04 – Ashes

05 – Cat Lady

06 – A Lonely Snake Dance

07 – Lover, Lover, Lover

08 – Tea Song

09 – Hey

SKULL NEWS beleuchtet einige der Songs näher für euch:

Den Auftakt bildet „Desert“, dem mit Violinensätzen und Gitarrenläufen eine nahöstlich-orientalische Atmosphäre eingehaucht wird. Melancholisch und getragen erzählt Rasha von der Hoffnungslosigkeit der Protagonstin; „Please / Take it all away / I am nobody I could name“ – verloren, flüchtend, endlos wandernd, und dies im Gelobten Land – „And she couldn’t live at home she said / She wandered lost / She wandered west / To the place where the bibles spoke of gods“. Der Konflikt zwischen Palästinensern und Juden ist in Israel allgegenwärtig, Rasha selbst ist Palästinenserin mit israelischem Paß.

Mit „The Fall“ tauchen wir in die launige Welt des Cabarets ein und wippen im Rhythmus, wenn Rasha in schon neckisch und pointiert zu nennender Manier den direkten Kontrapunkt zur musikalischen Fröhlichkeit besingt – dem Zerbrechen einer Beziehung. „The stars of my universe / Are falling all the way down through“.

„A Lonely Snake Dance“ ist ein herrlich schräges Stück, von Rasha mit technisch verfremdeter Stimme interpretiert und von Davidavi Dolev mit pattonesker Hemmungslosigkeit in seiner Funktion als Backgroundvokalist ergänzt. Wir können nur schwach erahnen, wie viel Spaß sie im Studio gehabt haben mußten.

„Lover, Lover, Lover“, erstmals 1974 von Leonard Cohen veröffentlicht, hätte in dieser Umsetzung auch 1995 auf Nick Caves Murder Ballads gelandet sein können. Düster, opulent und sehr, sehr sinnlich.

Rasha performt ihre Songs wie Theaterstücke, sie taucht in sie ein, lebt sie. Sie beherrscht die Kunst, mit leisen Tönen laut zu sein. Beschwingt Tieftrauriges zu vermitteln. Uns zum ethnischen Dilemma der Heimat tanzen zu lassen. Und uns in Poesie irgendwo zwischen Haifa und Berlin zu verlieren.

In den letzten Jahren hat sie bereits die Welt bereist und mit ihrer Musik ihr Publikum in den Bann gezogen. Freuen wir uns auf die Zeit, wenn das Bühnenlicht wieder aufglimmt!

Die Band:

Rasha Nahas – Gitarre, Gesang

Shaden Nahra – Violine, Backing vocals

Gabor Hartyani – Cello, Backing vocals

Basel Mfarrage – Drums

Gidi Farhi – Bass

Davidavi Dolev – Percussions und Vocals auf „A Lonely Snake Dance“

Rasha Nahas im jpc-Shop (Album als CD und LP)

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Credits Coverfoto: Carolin Saage

Hey! Ich bin hier zuständig für Bild und Text, sprich schicke Konzertfotos und auch Artikel und Rezensionen. Musikalisch bin ich breit aufgestellt, mag Blues und Metal, aber auch Prog und Indie und vieles mehr. Derzeitiger Focus liegt auf der Szene Israels. Kontakt: Bumblebee@skullnews.de

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