Review: UnREDog – Thoughts That Should Not Have Been

Review: UnREDog – Thoughts That Should Not Have Been

Wie klingen harter Industrial-Sound, tanzbare Dub Step und Trip Hop Beats, symphonische und progressive Arrangements, kombiniert mit sägenden Gitarrenriffs und einer mal verführerisch soften, mal heiser-growlenden weiblichen Stimme zusammen? Das klingt wie UnREDog. Klingt abgefahren – ist es auch. Thoughts That Should Not Have Been ist der Titel von Adi Bitrans Debüts unter dem Namen UnREDog und verspricht uns bereits verbotene Früchte…

Auf Adi Bitran sind wir aufmerksam geworden, als sie ihre mächtige Stimme für Subterranean Masquerades Covid-19-Album The Pros And Cons Of Social Isolation (November 2020, Review hier) herlieh. Am Phil Collins Cover „Another Day In Paradise“ waren eine ganze Handvoll der besten israelischen Metal Acts beteiligt. So auch die blauhaarige Frontfrau von Orpheus Blade, Adi Bitran, die uns mit ihrer charismatischen Aura und starken Growls sofort in ihren Bann gezogen hat. Das eine führte zum anderen und wir entdeckten ihre vokale Vielseitigkeit und ihr ungewöhnliches Songwriting bei Orpheus Blade, die wir euch im Übrigen auch ans Herz legen.

Nun steht die Veröffentlichung des ersten Albums von Adis Soloprojekt UnREDog bevor und SKULL NEWS durfte bereits reinhören. Ein Überraschungspaket, das wir euch hier kurz vorstellen.

Szene aus dem Musikvideo „Leaving Marks“ von UnREDog

Trotz der Tatsache, dass Adi Bitran „Red“ an den Songs und Videos über Jahre hinweg gearbeitet hat, die sie jetzt zusammengefasst als Album veröffentlichen wird, erscheint das Gesamtwerk stilistisch einheitlich und die Lieder passen gut zueinander. „A Devil’s Workshop“ zieht uns sofort mit dem pumpenden Herzschlag und Adis sinnlichem Gesang in den Abgrund, wo die lustvolle Dekadenz herrscht. Nach und nach kommen immer mehr Instrumente hinzu und bauen immens Spannung auf – die sich jedoch nicht entlädt. Bittersüßes Teasing. Der krasse Kontrast zwischen fast unschuldig lieber Klarstimme und Vocal Fry und tiefem Growl verfehlt im Titeltrack seine Wirkung nicht. Es unterstreicht Adi Bitrans Talent zum Storytelling und zum Ausdruck noch der feinsten emotionalen Nuancen. Der Songtext ist so provokant wie das dazugehörige Musikvideo.

In diesem Lied, aber auch in den anderen Texten, verarbeitet Adi ihre Kindheit in religiös konservativem Umfeld, wo sie sich wohl stets als Außenseiterin und in ihren Möglichkeiten eingeschränkt gefühlt hat. Kein Platz für dominante Weiblichkeit und für einen starken Willen. Metal Musik und die kinky Szene haben ihr einen Raum zur persönlichen Entfaltung gegeben, kein Wunder, dass sie sich immer wieder zwischen religiösen Motiven im Gegensatz zu Dekadenz und offen gelebter BDSM-Kultur bewegt. Der dritte Track auf dem Album, „Act III, scene ii“, zu welchem es ein weiteres aufwändig produziertes und ästhetisches Video gibt, kommt durchaus tanzbar herüber, das Tempo zieht an. Uns fallen vom Gesang und dem 2000er-Feeling her Ähnlichkeiten zu NIOWT auf.

Insgesamt bezieht sich der Sound von UnREDog stark auf härtere elektronische Musik wie Industrial der 80er, sowie synthesizerlastigen Elektropop à la Sonic Youth und Trip Hop à la Potishead mit einem modernen Dub Step-Update. Dies clasht wunderbar mit der Düsternis der Gitarrenriffs, welche einen schaurig doomigen Background bilden. „Leaving Marks“ hinterlässt auf diese Weise durchaus Eindruck.

Dazu noch eine gehörige Dosis Grunge à la Nirvana, wie zu Beginn von „Into The Crimson“, ist Adi unüberhörbar ein Kind der späten 90er und frühen 2000er Jahre.

Ein Highlight auf dem Album ist das Depeche Mode-Cover „Walking In My Shoes“. Adi Bitran macht sich diesen Song wirklich zu Eigen, die Spannung ist greifbar und der UnREDog-Sound passt ausgezeichnet. Wir würden uns wünschen, dass die eigenen Songs ähnlich schlüssig geschrieben wären. Oft sind die Melodiephrasen stakkatoartig, ohne sich in weichere Bögen aufzulösen. Vielleicht will uns jedoch die Musikerin bewusst mit Erwartungen locken, offen gibt sie zu, dass sie Spaß daran hat, durch ihre Musik ihre dominante Seite auszuleben.

Zahmer, fast balladesk, kommt dann der letzte Song „BeaterSweet“ herüber, ein geschmeidiger und sinnlicher Ausklang dieses ersten eigenen Werkes von UnREDog. Und doch ist der Songtext alles andere als sanft, geht es doch um die alles verzehrende Leidenschaft…

Abschließend müssen wir Adi Bitran für ihr gelungenes Debüt gratulieren, das das Ergebnis jahrelanger harter Arbeit zusammen mit Israels avantgardistischsten Künstler:innen ist, und vor Allem Zeugnis großer kreativer Energie ist. Und auch wenn der Schaffensprozess ein Weilchen gedauert hat, ergibt die Platte insgesamt einen einheitlichen, griffigen Gesamteindruck von dem künstlerischen und musikalischen Konzept von UnREDog. Für uns bleiben die tiefsinnigen und wortgewandten Lyrics im Gedächtnis, die sich bei jedem neuen Anhören der Songs immer mehr erschließen. Es sind storylastige und dennoch aufregende innere Monologe über die Suche nach dem Selbst, die innere Zerrissenheit. Das Austesten der eigenen Grenzen aber auch derer in Beziehungsdynamiken diverser Art, sodass man sich durchaus in die Lyrics hineinversetzen kann. Adi Bitran beweist sich in ihrem Debütalbum nicht nur als visionäre Musikerin, sondern auch als moderne Poetin des Morbiden und Gewagten der Psyche und der zwischenmenschlichen Dimensionen. Was die Songtexte schaffen, nämlich greifbar und stringent zu sein, gelingt unserer Meinung nach in der Entwicklung der Melodien und Songstrukturen nicht durchgängig so gut. Wir lieben den stilistischen Mix in den Songs von UnREDog, die progressiven Wechsel und klanglichen Referenzen auf ikonische Musiker:innen der späten 90er und frühen 2000er Jahre – doch manche Songs könnten einen klareren roten Faden gebrauchen. Nach den überraschenden Wendungen muss sich das Ohr an etwas festhalten können, eine Rückkehr zu vertrauten Melodien gegen Ende der Songs könnte helfen. Das Debütalbum sollte man daher als eine Art Showcase der Kreativität des Projekts UnREDog und der Stimmgewaltigkeit von Adi Bitran sehen. Wir hoffen, dass Thoughts That Should Not Have Been UnREDog zu der Aufmerksamkeit von Branchen-Profis und Fans gleichermaßen verhilft, die sie verdient haben. Mit dem richtigen Schliff wird UnREDog noch zu einer echt großen Nummer.

Alles in Allem macht Thoughts That Should Not Have Been von UnREDog ein vielversprechender Anfang. SKULL NEWS empfiehlt dieses Album allen Liebhaber:innen von anspruchsvoller, dynamischer, progressiver Rockmusik mit einer gehörigen Portion deeper Gedanken und starker Emotionen. Tanzbar. Leidenschaftlich. Melancholisch bis deprimierend. Verstörend. Betörend. Findet es selbst heraus!

Tracklist: UnREDog Thoughts That Should Not Have Been (November 2024)

01 – A Devil’s Workshop

02 – Thoughts That Should Not Have Been

03 – Act III, Scene ii

04 – Into The Crimson

05 – Of Beasts

06 – Leaving Marks

07 – Walking In My Shoes (Depeche Mode Cover)

08 – BeaterSweet

09 – To The Deviant Poet

Sobald wir mehr wissen, wann und wie ihr UnREDog live erleben könnt, werdet ihr die News natürlich sofort von SKULL NEWS bekommen. Um auf dem Laufenden zu bleiben, abonniert gerne unsere SKULL NEWS 2.0 Facebook-Seite!

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